Nach jedem Drehtag hier in Brasilien würde ich am liebsten meine Liste, die ich in diesem Artikel gemacht habe, um das jeweilige Erlebnis des Tages erweitern.
Heute hat mich die Begegnung mit dem Künstler Guilherme Mansur, den wir für unseren Film interviewt haben, total beeindruckt und gleichzeitig traurig gemacht. Aber ich beginne am besten von vorn.
Zurzeit sind Juliane und ich in Ouro Preto, einer wunderschönen kleinen Stadt im Inneren Brasiliens. Ouro Preto ist beliebt bei Touristen wegen seiner barocken Altstadt und berühmt für seine leckere Schokolade (habe ich schon getestet, stimmt!) und guten Käse (stimmt auch).
Seit 1980 ist Ouro Pretos Altstadt UNESCO-Weltkulturerbe. Besonders schön sind die zahlreichen Kirchen, die es an jeder Ecke zu sehen gibt. Viele sind von innen mit Gold verziert, das hier früher abgebaut wurde.
Doch die schöne hügelige Stadt mit dem Kopfsteinpflaster und den engen Gassen hat auch einen riesigen Nachteil: Sie ist kein bisschen auf die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern ausgelegt.
Guilherme Mansur leidet an einer Krankheit, durch die sich seine Muskeln immer weiter zurückbilden. Seit zehn Jahren kann er nicht mehr selber laufen und muss einen Rollstuhl benutzen.
Da er in Ouro Preto ohne die Hilfe von anderen Menschen nicht aus dem Haus kann, verlässt er es so gut wie nie.
„Ich fühle mich in meiner eigenen Stadt ausgeschlossen, als hätte man mir sie entrissen. Die Freude, die Stadt komplett zu leben und zu spüren, habe ich nicht. Meine Beziehung zur Stadt pflege ich durch einen eisernen Balkon.“
Wenn man in Guilhermes Wohnung kommt, sieht man sofort, dass man bei einem Künstler zu Besuch ist. An jeder Ecke finden sich kleine schöne Details.

Trotz seiner Unfähigkeit, sich alleine aus dem Haus zu bewegen, ist Guilherme im steten Kontakt mit der Außenwelt. Von seinem Balkon aus unterhält er sich mit den Nachbarn über das letzte Fußballspiel oder beobachtet einfach die Leute, die vorbei kommen. Juliane und ich hatten für das Interview Kopfhörer vergessen, die hat er uns ganz schnell besorgt, indem er einen Freund auf der Straße danach gefragt hat.
Guilherme ist Poet und Grafikdesigner. 2011 war er in Berlin, um dieses Gedicht vorzustellen.
In unserem Film wird es um das Problem der Ausschließung von Rollstuhlfahrern in Ouro Preto gehen. Er wird dann hier veröffentlicht. Neben Guilherme haben wir noch mit einer anderen Rollstuhlfahrerin gedreht, die nur dank der Unterstützung von Freunden und Familie aus dem Haus geht.
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